Tierschutzpartei
Dortmund

Tierschutzpartei Dortmund startet Artenschutzoffensive
11 Punkte-Programm gegen das Insekten-, Amphibien- und Vogelsterben

19.06.2021

„Natur- und Artenschutz lässt sich nur mit einer Vielzahl an Maßnahmen umsetzen und dabei wird an sehr vielen Stellen deutlich, dass die Zeit mehr als drängt!“  so Sebastian Everding aus dem Team der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) in Dortmund zur Veröffentlichung eines 11 Punkte Programmes gegen das Insekten-, Amphibien und Vogelsterben.

Die ehrenamtlichen Poltikerinnen und Politiker des Dortmunder Kreisverbandes, welcher seit September 2020 auch im Rat der Stadt vertreten ist, setzen sich mit diesen Grundsatzprogramm klar definitierte Ziele in diesem Handlungsfeld für die politische Arbeit der nächsten Jahre.

Diese sollen sowohl für die Arbeit auf kommunaler Ebene, als auch für die bevorstehende Bundestagswahl am 26. September einfließen, zu der die Tierschutzpartei sowohl mit einer Landesliste als Zweitstimme, als auch mit den beiden Direktkandidierenden Michael Badura (Wahlkreis 142 – Dortmund I) und  Stephanie Linde (Wahlkreis 143 – Dortmund II) als Erststimme auf dem Stimmzettel zu finden sein wird.

Die 11 Punkte des Programms im Detail:

1. Schottergärten verbieten & Anreize für bestehende Gärten schaffen

Ein Schottergarten ist laut Wikipedia-Definition eine großflächig mit Steinen bedeckte Gartenfläche, in welcher die Steine das hauptsächliche Gestaltungsmittel sind. Pflanzen kommen nicht oder nur in geringer Zahl vor, wenn, dann oft mit strengem Formschnitt. Die Form der Gartengestaltung mit Kieseln, Granit und Beton stellt für Naturliebhaber einen „Garten des Grauens“ dar. Viele Menschen glauben, damit ein für alle Mal die lästige Gartenarbeit los zu sein. Dies mag noch auf das erste Jahr zutreffen. Langfristig allerdings lagern sich zwischen den Steinen und in den Fugen altes Laub und Samen ab, suchen sich Flechten, Moose und Wildkräuter ihren Weg – auch durch Plastik-Sperrschichten.

Hinzu kommt der extrem negative Einfluss auf das Stadtklima, denn Schottergärten heizen sich im Sommer stärker auf als naturnahe Flächen. Die in den Steinen gespeicherte Wärme wird über Nacht abgegeben und wirkt so der Abkühlung entgegen. Der Boden kann auch durch die versiegelte Fläche kein Wasser speichern. Zudem stellen naturnahe Gärten in der Stadt wichtige Refugien für eine Vielzahl von Wildtieren dar. Dies sind neben Singvögeln auch Insekten wie Schmetterlinge, Bienen und Hummeln. Schotter und Steine können dabei weder Unterschlupf noch Nahrungsgrundlage oder eine Kinderstube für den Nachwuchs bieten.

Aus diesem Grund wäre ein flächendeckendes, in Bebauungsplänen des gesamten Ruhrgebiets verankertes Verbot die richtige Zielsetzung. Um Eigentümer*innen bereits bestehender Schottergärten einen Anreiz für eine Umgestaltung zu geben, wäre eine Art „kommunale Abwrackprämie“ sinnvoll.

2. Pflanzung heimischer Wildsträucher und Laubbäume

Es sind bei Neupflanzungen oder Ersatzpflanzungen auf öffentlichen Grünflächen (Parks, Straßenbegleitgrün, Grünflächen bei Einrichtungen von Stadt, Land oder Bund) ausschließlich heimische Wildsträucher und Laubbäume zu pflanzen. Dies gilt ebenfalls im Rahmen von
Neupflanzungen im Rahmen der Errichtung von privaten Neubauvorhaben. Eine verbindliche Regelung hierfür kann entsprechend in Bebauungsplänen und im Grünordnungsplan geschehen. Hier bedarf es entsprechender gesetzlicher bzw. behördlicher Vorgaben.

Preisgünstige Setzlinge aus dem Baumarkt oder Supermarkt sind als problematisch zu meiden, denn insbesondere günstige Zierpflanzen gefährden durch ihre Ausbreitung die regionale Artenvielfalt. Für Insekten und Bienen sind sie oft auch noch nutzlos. Zudem enthalten solche Pflanzen oft bedenkliche Pestizide. Weil sie so stark mit synthetischen Pestiziden und Düngern behandelt sind, überleben viele „Billig-Pflanzen“ nicht lange.

Bei der Aufforstung sind bevorzugt besonders ökologisch wertvollen Laubbäume und Gehölze zu pflanzen, besonders wichtig sind beispielsweise: Eiche (Stieleiche, Traubeneiche), Schwarzpappel, Zitterpappel, Reifweide, Salweide, Lorbeerweide, Schwarzerle, Grauerle, Birke, Wildapfel, Apfelbaum, Pflaume, Hainbuche, Eberesche (Vogelbeere) etc.
Von Nadelgehölzen, besonders der Douglasie, sowie weniger wertvollen Bäumen wie Ahorn und Esche ist weitgehend Abstand zu nehmen.

In Zeiten von Klimawandel und immer trockener werdenden Sommern sind vor allem die Eichen (Stieleiche und Traubeneiche) sowie Esskastanien geeignet. Letztere wird gerade von Käfern sehr geliebt. Die aus dem Mittelmeerraum stammenden Zerreiche und Flaumeiche können hier noch eine Alternative darstellen, denn sie sind sehr wertvoll für Insekten und zudem sehr trockenheitsresistent. 

3. Anlage von Wildblumenwiesen auf öffentlichen Grünflächen

Es ist ein angemessener Anteil (etwa 20 – 30 %) von öffentlichen Grünflächen (Parks, Straßen-begleitgrün, Grünflächen) als Wildblumenwiese auszugestalten, die allenfalls ein bis zweimal jährlich gemäht wird. Hierbei sollen unbedingt regionale, ein- und mehrjährige Mischungen zum Einsatz kommen.

Sauber gemähte Rasenflächen und gestutzte Hecken und Wiesen bieten Tieren keinen Lebensraum. In Gärten und Grünflächen, in denen keine Wildpflanzen wachsen dürfen, finden Insekten keine Nahrung und somit tragen sie zum Insektensterben bei.

Mut zur Unordnung! Laubreste, Asthaufen und verblühte Blumen können im Winter für Wildtiere wie etwa Igel Unterschlupf und Futter sein.

Beim Einsatz auf kommunalen Beeten und Grünflächen sollte der Einsatz von Blumenerde mit Torfanteil komplett vermieden werden, denn hierfür werden immer noch Moore trockengelegt und zerstört.

4. Schaffung von Bee-Stops

In Dortmund gibt es hunderte Haltestellen für Bus & Bahn – Die Dachflächen dieser Haltepunkte könnten gezielt mit robusten Sedum-Pflanzen begrünt werden, die bei heimischen Bienen und Hummeln sehr beliebt sind. Die Idee für begrünte Buswartehäuschen stammt aus der niederländischen Stadt Utrecht. Mittlerweile gibt es dort schon über 315 dieser Öko-Dächer. Ziel ist, Raum für Bienen, Insekten und andere kleine Lebewesen zu schaffen und damit einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten.

Im Ruhrgebiet steht seit Juli 2020 die erste dieser „grünen Haltestellen“ im Hamm – Hier soll es das Ziel sein, jede Haltestelle, die repariert oder modernisiert wird als „Bee Stop“ zu gestalten.
Als positive Nebeneffekte wird jedoch nicht nur das Stadtbild verschönert und Nahrung für Insekten geschaffen, sondern die zusätzlichen Grünflächen sorgen im Sommer auch für ein wenig Abkühlung, da sie sich nicht so schnell aufheizen wie normale Dächer. Ebenso tragen sie zur Verbesserung der Mikroklimas bei, indem sie Feinstaub aus der Luft filtern.

Erst kürzlich entschied sich die DSW21 für einen neuen Haltestellentyp und sieht bei der Bepflanzung von Dächern große statische Probleme. Hier ist es unsere Aufgabe auf dieses Thema hinzuweisen und so einen Wandel bei den Verantwortlichen zu erreichen.

5. Urban Gardening und Urban Farming unterstützen

Von urbaner Landwirtschaft (engl. urban farming) spricht man, wenn freie Flächen innerhalb von Städten zum Anbau von Nutzpflanzen verwendet werden. Dies beinhaltet Gemüse-, Obst-, Blumen- oder Kräutergärten, deren Produkte überwiegend innerhalb der Stadt verwendet werden. Der Trend zur urbanen Landwirtschaft entwickelt sich durch das zunehmende Bewusstsein für gesunde Ernährung, die Umwelt und Nachhaltigkeit weltweit immer stärker.

Zu unterscheiden ist das sogenannte Urban Gardening, welches meist nur kleine Flächen für den Eigengebrauch verwendet.

Große Vorteile des kommunalen Anbaus von Lebensmittel ist der fast vollständige Wegfall von klimaschädlichen Transportwegen, sowie die Einsparung von Wasser. Auch zeigen erste Erfahrungen, dass die Verbundenheit von Käufern zu regional produzierten Lebensmittel höher ist.

Hier wäre es an der Zeit auch für Städte wie Dortmund mutige Konzepte zu verwirklichen und entsprechende Flächen auszuweisen, diese könnten sich sowohl auf Flachdächern von städtischen Gebäuden als auch auf Brach- oder Grünflächen befinden.

Konzerne wie Bayer/Monsanto oder Syngenta kontrollieren heute den weltweiten Saatgutmarkt und nehmen dabei billigend in Kauf, dass alte Gemüsesorten aussterben, deswegen wäre es von besonderer Wichtigkeit bei derartigen Projekten ausschließlich alte Sorten und Bio-Saatgut zu verwenden.

6. Bepflanzung landwirtschaftlicher Flächen – Feldheckenoffensive

Auch in einer Großstadt wie Dortmund, existieren gerade in den äußeren Stadtteilen zahlreiche landwirtschaftliche Nutzflächen. Landwirte sind – ggf. gegen Entschädigung – zu verpflichten, einen ausreichenden Anteil ihrer Felder als Wildhecke aus heimischen Wildsträuchern und kleinen heimischen Laubbäumen anzulegen.

Insbesondere wichtig: Faulbaum, Schlehe, Weiden (Reifweide, Salweide, Lorbeerweide), Kreuzdorn, Gewöhnlicher Schneeball, Wildapfel, Haselstrauch, Weißdorn, Schwarzerle, Grauerle, Eberesche (Vogelbeere), Hundsrose sowie Rote Heckenkirsche, Felsenkirsche/Steinweichsel als wichtige Raupenfutterpflanzen.

7. Blühstreifen zu jeder landwirtschaftlichen Nutzfläche und als quotaler Anteil

Zusätzlich zu den Feldhecken sind von den Landwirten Blühstreifen – z.B. entlang der Felder – aus heimischen Wildblumen anzulegen, um so Nahrungs- und Lebensgrundlage für Insekten zu schaffen.

Zusätzlich sind ein quotaler Anteil, etwa von 2 % – 5 % der Ackerflächen und Felder, gegen entsprechende Entschädigung des Landwirts bzw. der Landwirtin, als 1- bis 2-jährige Blumenwiesen anzulegen, die allenfalls 1- bis 2-mal jährlich gemäht werden.

8.Vollständiges Verbot von Giften (Insektizide und Pestizide)

In Dortmund ist jeglicher Einsatz von Giften (Pestizide, Insektizide) in der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft ebenso streng zu verbieten wie im kommunalen Grünpflege und privaten Gebrauch im Garten und im Haushalt.

Der Einsatz von Glyphosat ist unverzüglich europaweit zu untersagen. Glyphosat schädigt die heimische Tierwelt und steht im Verdacht bei Menschen krebserregend zu sein. Das Ruhrgebiet und ganz Deutschland müssen giftfrei werden!

Synthetische Pflanzenschutzmittel sollten im Garten tabu sein. Viele Spritzmittel sind hochproblematisch für die Natur, die Tiere und auch für die menschliche Gesundheit.

9. Anpflanzung und Erhalt von Unterwuchs und Saumbewuchs

Bei der Aufforstung ist ein Unterholz und Saumbewuchs aus heimischen Laubgehölzen und Wildsträuchern zu pflanzen und erhalten. Beispiele für besonders wertvolle Pflanzen: Faulbaum, Schlehe, Weiden (Reifweide, Salweide, Lorbeerweide), Kreuzdorn, Gewöhnlicher Schneeball, Wildapfel, Haselstrauch, Weißdorn, Schwarzerle, Grauerle, Eberesche (Vogelbeere), Hundsrose etc. Von der Auslichtung und Ausholzung vermeintlich wirtschaftlich unbedeutender Weichhölzer wie Weide oder Pappel oder auch Birke ist abzusehen, weil gerade diese Arten für die Entwicklung von Faltern und Schmetterlingen besonders wichtig sind.

10. Biotopanlage – Teich- und Tümpeloffensive

Zur Förderung der Biodiversität, namentlich der heimischen Amphibien (Frösche, Kröten, Molche, Feuersalamander) und Reptilien (Barrenringelnatter) sowie der sonstigen gewässerabhängigen Fauna (Eisvogel, Wasserkäfer, Libellen etc.) sind Teich-Biotope an geeigneter Stelle in der freien Landschaft, in Wäldern und in städtischen Grünanlagen anzulegen.

An bereits vorhandenen städtischen Habitaten müssen Hinweisschilder aufgestellt, Querungshindernisse an Straßen geschaffen und Anwohner*innen aufgeklärt werden.

11. Lichtverschmutzung reduzieren

Lichtverschmutzung ist ein noch sehr wenig bekanntes, schleichendes, aber sehr gravierendes Umweltproblem unserer Zeit. Da es nachts an immer mehr Orten dieser Welt wegen des massenhaft eingesetzten Kunstlichts immer weniger dunkel wird, geraten ganze Ökosysteme ins Wanken. Denn nahezu alle Lebewesen und Pflanzen sind auf einen eindeutig wahrnehmbaren Hell-/Dunkelrhythmus angewiesen.

Im Gegensatz zu anderen Umweltproblemen lässt sich hier jedoch schon mit einfachen Mitteln eine deutliche Situationsverbesserung erzielen. Smarte Straßenbeleuchtung, der Einsatz von Zeitschaltuhren und eine nächtliche Deaktivierung der Werbung an Bus/Bahnhaltestellen oder der Schaufensterbeleuchtung in Einkaufsstraßen können hierbei genauso Bausteine sein wie technische Detailanpassungen in Beleuchtungsintensität, – farbe, – höhe und -dauer.

Libellen sind ein oft selten gewordener Anblick ( Foto: Pixabay)

Pressekontakt:

Sebastian Everding
sebastian-everding@tierschutzpartei.de