Tierschutzpartei
Dortmund

Kommentar zum Jagdlobbyismus-Artikel
Ruhr Nachrichten vom 05.08.2023

05.08.2023

Kommentar zum Artikel: „Markthändlerin Daniela Lindner-Fernholz ist leidenschaftliche Jägerin“  (Printausgabe Samstag, 02.05.2023)

Liebe Frau Dönnewald,
Liebe Redaktionsleitung der Ruhr Nachrichten Dortmund,

Tief durchatmen, Ruhe bewahren, das Herz klopft, man entscheidet über Leben und Tod mit einer einzigen Kugel“ – so beschreibt Ihre Interviewpartnerin Frau Lindner-Fernholz ihr Gefühl des Jagdfiebers und die damit verbundenen unbeschreiblichen und besonderen Emotionen.  Für mich ist das eine Beschreibung der puren Lust, fühlende Lebewesen zu töten.  Sie geben dieser Dame fast eine ganze Seite, um sich und ihr mörderisches Hobby zu präsentieren, welches zudem noch mit Fotos reich bebildert wird, bei dem sie u. a. stolz neben einem getöteten Rehbock posiert. Dieser Artikel hat mir und vermutlich vielen weiteren Tierfreundinnen und Tierfreunden heute Morgen wortwörtlich das Frühstücksbrötchen im Hals stecken gelassen.  Ein Artikel ohne jegliche journalistische Reflexion der gesagten Dinge, ein Artikel, in dem die Jägerin ohne jedes kritische Hinterfragen die Standpunkte der Jagdverbände z. B. zur Fuchsjagd einem breiten Publikum präsentieren kann.  Wäre es nicht das Mindeste zu erwähnen, dass hier unterschiedliche wissenschaftliche Ansichten in der öffentlichen Betrachtung vorliegen? Positionen, die vollständig konträr zu den hier ungefiltert wiedergegebenen Standpunkten der Jagdlobby stehen! Der Presserat schreibt in seinem Pressekodex unter Ziffer 2 (Sorgfalt): „Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.“

Was ich im Rahmen dieser Veröffentlichung aber für ebenso höchst bedenklich halte: wo liegt hier der journalistische Anspruch und Gehalt, wenn die Dame von ihrer Waffenbegeisterung seit frühster Kindheit spricht und von den Namen, die sie ihren Waffen gibt? Aussagen, die ich aus psychologischen Gesichtspunkten, vor allem mit der Hintergrund der ausführlichst beschriebenen Emotionen im Jagdfieber, als höchst bedenklich einstufen würde.

Abschließend muss man sich fragen, ob es sich bei diesem Werk um einen reinen Werbeartikel handelt, welcher zum einen die Standpunkte und Sichtweisen der Jagdlobby unkommentiert und ohne jeden Hinweis auf andere Sichtweisen widerspiegelt, oder ob dies eine kombinierte Werbeanzeige mit zusätzlicher Werbung für das Gewerbe von Frau Lindner-Fernholz auf dem Wochenmarkt handelt? Ihr Verkaufswagen mit dem Aufdruck „Wurst- und Fleischspezialitäten“ wird mitsamt des Angebotes von „Rehkeule, Wildschwein-Gulasch und Hähnchenbrust“ so ausführlich beschrieben, dass man in kaum einer Anzeige mehr Werbeargumente finden würde als in diesem Artikel. Die Online-Ausgabe Ihrer Zeitung titelt im Gegensatz zur Printausgabe sogar mit der Überschrift „Einzigartiger Marktstand“. An dieser Stelle möchte ich einmal ganz deutlich auf den Pressekodex des Deutschen Presserates und Richtlinie 7.2 hinweisen: „Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgehen“. Es fragt sich hier klar, wo das Informationsinteresse der Leserschaft vorliegt, das Produktangebot am Verkaufsstand aufzuzählen.

Ich möchte Sie in aller Form bitten, in Zukunft auf derartig einseitige Berichterstattungen zu verzichten. Gerne unterstütze ich Sie bei der Kontaktaufnahme zu Tierschutzvereinen, Verbänden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um auch die „andere Seite“ der Jagd einmal ausführlich zu beleuchten. Von Ihnen als Dortmunder Medium wäre, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Skandale um die Messe „Jagd&Hund“, eine kritische und sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wünschenswert.

Sebastian Everding
Landesvorsitzender der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) in NRW

Ruhr Nachrichten Artikel vom 05.08. (Abfotografiert)

Pressekontakt:

Sebastian Everding
sebastian-everding @ tierschutzpartei.de